von Kai Mueller
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6. Juli 2020
Wir haben es mit einem Innovationsschub zu tun, der noch vor 20 Jahren (Ende meiner Studienzeit) als unvorstellbar galt. Big Data hat längst Einzug gehalten in die Bewertung von Risiken einzelner potenzieller Arzneimittel. Die Analysemöglichkeiten sind enorm gewachsen, ständig kommen neue Technologien zum Einsatz, die immer raffinierter jeden Status eines Moleküls festhalten. Dies hat Auswirkung auf die Erweiterung unseres Verständnisses hinsichtlich der Komplexität von Leben. Wer hätte gedacht, dass Bakterien sich außer Restriktionsendonukleasen (das musste jetzt sein!) noch mithilfe eines "Immunsystems" adaptiv vor Viren schützen können (CRISPRCas)? In meiner Zeit war schon das Klonieren, also das millionenfache Vermehren von Fremd-DNA in Bakterien eine ethische Herausforderung, die durch etliche "Sicherheitsstämme" noch zu handeln war. Nun ist CRISPR recht einfach zu handhaben (Kit for kids), die Möglichkeiten auf der einen Seite putativ super erfolg versprechend, aber leider genauso in falsche Hände ein großes Risiko. Ich könnte hier ewig weiter schreiben, mir geht es aber um eins: Wie schaffen wir es in Zeiten der grenzenlosen Informationsflut das "Rauschen" zu minimieren?Wir leben in der eigenen Blase und selektieren entsprechend nach Informationen, die wir erwarten (confirmation bias). Aber gerade Austausch und Offenheit schafft neue Einblicke. Der Austausch wird, gerade durch eine komplexe Sprache wie der Wissenschaft, erschwert. Hier wäre eine einfache Sprache, aber ohne grobe Vereinfachungen, sicherlich hilfreich, um Anker zu setzen. Ich habe mich anfangs nicht getraut zu reduzieren und zu vereinfachen, da ich dachte, dass ich nicht ernst genommen werde. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass mir (selbst Professoren) dankbar sind z.B. eine neue Technologie in nur wenigen klaren Sätzen zu erläutern. Ich sehe hier den Vorteil, dass dadurch ein breites Spektrum an (Halb)Wissen entsteht, welches aber ausreicht, um Verbindungen zu anderen Themen herzustellen und hier einen Nutzen zu ziehen. So bleiben viele Fragen noch unbeantwortet, da dieser Link (noch) nicht hergestellt wurde. So sehe ich noch hochbegabte angehende Wissenschaftler mit einem Protokollbuch mit eingeklebten Bildern (so wie bei mir damals, nur dass ich nicht hochbegabt war). Oder Software, die einem graut, obwohl heute jedes Labor vollgestopft ist mit Equipment. Und die Gerätschaften lärmen, als sei das ein Hinweis auf ihre Funktionalität. Geräte stehen oft herum, als hätten sie nichts gekostet und angrenzende AG`s etc. wissen (oder sollen) nichts davon. Leasen z.B. wird immer noch ganz selten praktiziert. Das erinnert mich ein wenig daran, dass herausragende Wissenschaftler oftmals die schweren Koffer durch die Flughalle bugsiert hatten, bevor die Koffer mit Rollen erfunden wurden. Das ist noch nicht lange her. In diesem Sinne hoffe ich eine kleine Anregung gegeben zu haben über den sogenannten Tellerrand zu schauen und die Auswirkungen auf das eigene Handeln zu reflektieren. Herzliche Grüße, Kai Müller